Die „Stadt der Kinder“ – demografisches Best-Practice-Beispiel des Monats

KinderstadtBereits zum vierten Mal wird in diesem Jahr im Nuthewäldchen am Rande des Potsdamer Wohngebiets „Am Schlaatz“ die „Stadt der Kinder“ errichtet. Bei diesem besonderen Ferienprojekt haben Kinder im Alter von sechs bis zwölf Jahren die Möglichkeit, innerhalb von zwei Wochen ihre eigene Stadt zu erbauen und das Zusammenleben darin zu gestalten. In der ersten Woche werden die Häuser mit echtem Baumaterial und Werkzeug gezimmert. Dabei bestimmen die Kinder selbst, welche Häuser – z.B. Post, Polizei, Hausboot, Café - errichtet werden. In der zweiten Woche wird das Zusammenleben in der Stadt entwickelt und erprobt. Es entsteht städtisches Leben „im Kleinen“ mit Berufen, Geld, demokratischen Strukturen und gemeinsamen Festen. Im Rahmen des Projekts werden kreative und spielerische Aktionen angeboten. So entsteht täglich eine Stadtzeitung, zu der „rasende Reporter“ ihre Beiträge liefern. Eine Delegation wird beauftragt, das Stadtrecht beim Oberbürgermeister Potsdams zu beantragen. Auch Bürgermeisterwahlen, Übernachtungen, ein Stadtgründungs- und ein Abschlussfest gehören zum Programm. Das Projekt bietet damit zugleich Möglichkeiten, sich in handwerklichen und auch in Dienstleistungsberufen auszuprobieren. Die insgesamt ca. 50 Helfer und Betreuer (davon rund 40 Ehrenamtliche) leisten weitgehend nur anleitende und unterstützende Hilfe. Ansonsten ist das „Stadtgebiet“ erwachsenen- und insbesondere elternfreie Zone.

Rund 160 Kinder aus unterschiedlichen sozialen und kulturellen Hintergründen arbeiten so unter dem gemeinsamen Ziel „Wir bauen unsere Stadt“ täglich zusammen. Das kostenlose Ferienangebot ist damit zunächst ein besonderer Beitrag zur Familienfreundlichkeit in Potsdam. Noch bedeutsamer aber sind die positiven Lernerfahrungen, die die Kinder aus dem Projekt schöpfen. Gefördert werden Kreativität, Selbstbewusstsein, Teamfähigkeit und damit Eigenschaften, die eine Gesellschaft im Zeichen demografischer Veränderungen benötigt. Denn demografischer Wandel bedeutet weniger Kinder, die die Gesellschaft später tragen und organisieren müssen.

In der „Stadt der Kinder“ werden Lernen und Spaß in einzigartiger Weise miteinander verknüpft. Nicht alle Kinder haben beste Ausgangschancen und auch das Wohngebiet „Am Schlaatz“ gehört nicht zu den privilegierten Ortsteilen Potsdams. Im Ferienprojekt können aber auch Kinder, die oft in der Schule Misserfolge einstecken, zeigen, was in ihnen steckt. Sie haben die Chance, sich einmal unabhängig von der Schulbank zu erproben und Erfolge zu erzielen. So ist die „Stadt der Kinder“ ein wichtiger Ort, an dem Kinder Selbstbewusstsein „tanken“ können.

>Fast nebenbei erfahren sie auch etwas über die Berufe der Erwachsenenwelt, lernen ihre Interessen und Fähigkeiten einzuschätzen. Wenn so viele Kinder zusammenarbeiten, etwas entwickeln und Feste feiern, lernen sie sich näher kennen, schließen Freundschaften, müssen sich abstimmen und auch Kompromisse eingehen. Die sozialen Kompetenzen werden auf diese Art und Weise nachhaltig gefördert. Sie erlernen durch die notwendigen Einigungs- und Abstimmungsprozesse demokratische Grundlagen. Mit der Möglichkeit, ihr Lebensumfeld mit zu gestalten, die eigenen Vorstellungen einzubringen, werden zugleich die Identifikation und die Bindung der Kinder an ihre Heimatregion gestärkt.

Die „Stadt der Kinder“ wird organisiert von mehreren Potsdamer Einrichtungen: dem Bürgerhaus am Schlaatz, dem Abenteuerspielplatz „Blauer Daumen“, den Kinderklubs „Unser Haus“ und „Einsteinkids“, dem Kinder- und Jugendbüro Potsdam, der Ev. Jugend- und Kinderstelle, dem Werkhaus Potsdam sowie der Kirche im Kiez. Die Finanzierung erfolgt über Spenden und einen Zuschuss der Stadt Potsdam. Am Ende der zweiwöchigen Aktion können die Häuser von Eltern ersteigert werden, das restliche Holz kommt dem Abenteuerspielplatz zugute.

Auch wenn die „Stadt der Kinder“ am 31.07.09 für dieses Jahr ihre Pforten schließt, sei es allen als nachahmenswerte Initiative ans Herz gelegt. Deshalb richtet sich der Appell an alle kommunal Verantwortlichen und auch ehrenamtlich Engagierte, dieses Ferienprojekt als Anregung aufzugreifen. Es kann ohne weiteres auch in kleineren Orten durchgeführt werden, denn auch weniger Kinder freuen sich über eine sinnvolle und sogar zukunftsweisende Freizeitbeschäftigung. Außerdem: Es muss ja nicht unbedingt gleich eine „Stadt der Kinder“ sein – mit einem „Haus der Kinder“ kann auch schon Kreativität gefördert und viel Spaß erzeugt werden.

Ansprechpartnerin für das Projekt ist: Frau Barbara Rehbehn, E-Mail info@stadtderkinder-potsdam.de
Informationen: www.stadtderkinder-potsdam.de