Staatskanzlei

Kabinett befasst sich erneut mit Hochwasserlage

veröffentlicht am 11.06.2013

Platzeck: Brandenburgs Anstrengungen zur Flutprävention zahlen sich aus – Dank an die Helfer – Hilfen für Betroffene werden vorbereitet – Tack: Anhaltend hoher Druck auf die Deiche Das Kabinett hat sich heute erneut eingehend mit der Hochwasserlage im Land befasst. Ministerpräsident Matthias Platzeck äußerte sich vorsichtig optimistisch, dass Brandenburg die Flut aufgrund der immensen Anstrengungen zur Flutprävention in den vergangenen Jahren und der herausragenden Arbeit der Krisenstäbe, der Tausenden freiwilligen Helfer, der Bundeswehr, der Feuerwehren und des Technischen Hilfswerkes gut überstehen könnte. Platzeck, Innenminister Dietmar Woidke, Umweltministerin Anita Tack sowie Infrastruktur- und Agrarminister Jörg Vogelsänger waren in den zurück liegenden Tagen mehrfach an den neuralgischen Punkten im Süden, Westen und Nordwesten Brandenburgs unterwegs, um sich über die Abwehrmaßnahmen zu informieren und mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Platzeck erklärte: „Zu einer ersten, sehr vorsichtigen Bilanz gehört, dass sich offenbar unsere enormen Anstrengungen im Hochwasserschutz und bei der Deichrückverlegung auszahlen. Wir haben den Flüssen mehr Raum gegeben. Dabei wissen wir, dass – auch bundesweit gesehen – hier noch viel zu tun bleibt. Ich setze hier ebenso auf den Bund wie bei der Koordinierung der Hilfen für die jetzt Betroffenen. Gemeinsam mit der Bundeskanzlerin werden die Ministerpräsidenten der Länder an diesem Donnerstag in Berlin über eine Vereinbarung zu den Hilfen und zum Wiederaufbau beraten. Wir haben die feste Zusage, dass die Kosten je zur Hälfte von Bund und Ländern getragen werden. Doch wir warten nicht ab: Bei uns in Brandenburg tagt unter Leitung des Finanzministers bereits heute Nachmittag eine Arbeitsgruppe zur Fluthilfe. Unser Ziel ist, dass niemand aufgrund des Hochwassers persönlich oder unternehmerisch in seiner Existenz bedroht sein darf. Mein ausdrücklicher Dank gilt den Mitarbeitern der Krisenstäbe, der Bundeswehr, den Feuerwehren, dem Technischen Hilfswerk und den Tausenden Freiwilligen für den unermüdlichen Einsatz in den vergangenen Tagen. So besteht die begründete Hoffnung, dass Mühlberg in diesem Jahr von einer Überflutung verschont bleibt und damit elf Jahre nach dem „Wunder“ erneut ein Zeichen setzt.“ Ministerin Tack erklärte: „Die Investitionen in den Deichbau und in die Retentionsflächen haben sich gelohnt, soviel kann man jetzt schon sagen. Im Süden ist die Lage leicht entspannt, aber die Deiche werden noch mehrere Tage einem enormen Druck ausgesetzt sein. In der Prignitz ist der lang gezogene Hochwasserscheitel angekommen, der Pegel stagniert auf hohem Niveau um 7,75 Meter.“ Anlage: Faktensammlung Flutprävention Brandenburg Zahlen und Fakten zum Hochwasserschutz im Land Brandenburg (Stand: 7.6.2013) Hochwasserschutz ist eine Generationenaufgabe! Seit 1997 wurden im Land Brandenburg zur Hochwasserabwehr rund 400 Millionen Euro investiert (75 % Europäische Union, 15 % Bund, 10 % Land). Damit wurden über 210 km der Deiche saniert oder neu gebaut. Derzeit stellen wir jährlich rd. 30 Millionen Euro für Hochwasserschutzmaßnahmen zur Verfügung. Schwerpunkt war zunächst die Umsetzung des Deichprogramms an Oder und Elbe. An der Oder sind nahezu 91% der vorgesehenen Maßnahmen umgesetzt. An der Oder wurden seit 1997 rund 147 Kilometer saniert mit einer Investitionssumme von rund 260 Millionen Euro. Für die Sanierung der Oderdeiche wurde im November 1997 das Landesprogramm „Sicherheit und Zukunft für die Oderregion“ beschlossen. Durch diesen Landtagsbeschluss wurde der Weg frei für Investitionen, die seitdem kontinuierlich umgesetzt werden. Der Generalplan Oder von 1999 enthält die erforderlichen Sanierungsmaßnahmen. An der Elbe sind bisher ungefähr 71 % der im Deichprogramm Elbe vorgesehenen Maßnahmen umgesetzt. In die Deichsanierung an der Elbe wurden seit 1997 rund 113 Millionen Euro für 49 Deichkilometer investiert. Die Brandenburger Elbe verzeichnet 148 Kilometer Deichlänge, davon 76 Kilometer Hauptdeiche in der Prignitz, von denen auch durch Maßnahmen vor 1997 bis heute rd. 70 Kilometer fertig gestellt sind, und 21,3 Kilometer im Landkreis Elbe-Elster bei Mühlberg, von denen bisher 3 Kilometer fertig gestellt wurden. Aktuell sind weitere 2,2 Kilometer im Bau. Für die Elbe war bereits 1995 ein Generalplan erstellt worden, der die notwendigen Deichsanierungen im Landkreis Prignitz beinhaltete. Ergänzend wurde 2007 ein Masterplan mit einem neu definierten Bemessungshochwasser erstellt. Nach dem Jahrhunderthochwasser 2002 wurde mit den Planungen zur Ertüchtigung und dem Neubau der Elbdeiche im Landkreis Elbe-Elster begonnen. Im Landkreis sind insgesamt Baumaßnahmen an rund 21,3 Kilometer Deichlänge mit einem Gesamtvolumen von etwa 54 Millionen Euro vorgesehen. Maßnahmen im Umfang von etwa 40 Millionen sind entweder bereits abgeschlossen oder befinden sich im Bau bzw. sind in der planerischen Umsetzung. Besonders wichtig: Bis 2020 sollen in der Region 80 - 90 Hektar neue Überflutungsflächen durch Deichrückverlegung geschaffen und ein 180 Hektar großer Flutungspolder neu geschaffen werden. Zusätzlich wurden in die Deichsanierung an Spree, Lausitzer Neiße und Schwarzer Elster seit 1997 rd. 18 Millionen Euro investiert, erneuert wurden rund 15 Kilometer. An der Schwarzen Elster sind rd. 12 Kilometer Deiche nach Sanierung bzw. Neubau fertiggestellt und noch knapp 20 Kilometer in Planung. Das Gesamtinvestitionsvolumen dieses Hochwasserschutzprogramms beträgt 27 Millionen Euro. Aus Landesmitteln wurden zusätzlich rund 3,8 Millionen Euro für Notreparaturen/Sofortmaßnahmen u.a. in den Bereichen Herzberg, Alt Herzberg, Elsterwerda, Bad Liebenwerda, Haida, Saathain und Schraden aufgebracht. Es besteht eine gemeinsame Arbeitsgruppe des Landkreises Elbe-Elster und des Landesamtes für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz zum Hochwasserschutz. An der Lausitzer Neiße sind derzeit fünf Projekte vorgesehen: zwei davon sind bereits fertiggestellt. Sie umfassen 700 m und kosteten 2,3 Millionen Euro; ein Sielbauwerk (2 Millionen Euro) ist im Bau. Eine 250 m lange Spundwand (1 Million Euro) befindet sich im Genehmigungsverfahren und ein 2,5 Millionen Euro-Projekt ist in Planung. Maßnahmen zur Verbesserung der Hochwasserrückhaltung An der Elbe wurde durch eine Deichrückverlegung um 500 m landeinwärts auf einer Strecke von 6,1 Kilometern zwischen Lenzen und Wustrow eine neue Retentionsfläche von rd. 420 ha gewonnen. Das ist in Deutschland bisher beispielhaft. Der Altdeich wurde an mehreren Stellen geschlitzt; seit 2009 können damit Hochwasserwellen um bis zu 40 cm abgesenkt werden. In der Region Mühlberg sollen bis 2020 noch 80 - 90 ha Überflutungsflächen durch Deichrückverlegung und ein 180 ha großer Flutungspolder neu geschaffen werden. 2002 hat die Flutung der rd. 10.000 Hektar Havelpolder dazu geführt, dass in der Prignitz der Wasserstand der Elbe um fast einen halben Meter gefallen ist; auch Niedersachsen und Sachsen-Anhalt haben davon profitiert. 2008 wurde ein Staatsvertrag zwischen den Ländern Brandenburg, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vor¬pommern und der Bundesrepublik Deutschland zur Flutung der Havelpolder unterzeichnet. An der Oder gibt es in drei Poldern im Nationalpark Unteres Odertal rd. 4.400 Hektar Überflutungsfläche, die im Hochwasserfall, auch zum Nutzen der polnischen Nachbarn, geflutet werden können. Zudem ist in der Neuzeller Niederung die Einrichtung eines Flutungspolders geplant - in einem Umfang von rd. 1500 Hektar und einem Speichervolumen von rd. 50 Millionen Kubikmeter. Die zahlreichen Betroffenheiten in (Land-)Wirtschaft, Bevölkerung und Naturschutz stellen hier eine besondere Herausforderung dar. Weitere Maßnahmen zur Verbesserung der Hochwasserrückhaltung und zur Schaffung einer von der EU geforderten grünen Infrastruktur zum Hochwasserschutz werden im Zusammenhang mit der Hochwasserrisikomanagementplanung geprüft.