Staatskanzlei

Gedenkorte in Jamlitz und Potsdam werden Teil der Brandenburgischen Gedenkstättenstiftung

Zu den Ergebnissen der Kabinettssitzung teilt Regierungssprecher Florian Engels mit:

veröffentlicht am 30.05.2023

Die beiden Gedenkstätten Jamlitz und Leistikowstraße Potsdam werden neu in die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten aufgenommen. Das Kabinett stimmte heute der von Kulturministerin Manja Schüle vorgelegten entsprechenden Änderung der Gedenkstättenverordnung zu. In diesem Rahmen werden auch Beirat und Fachkommission der Stiftung personell erweitert und die Leitungen der einzelnen Gedenkstätten können Arbeitsgruppen bilden. Ziel ist die bessere Einbindung zivilgesellschaftlicher Akteure vor Ort. Die Änderung der Verordnung tritt, nach Anhörung des zuständigen Ausschusses für Wissenschaft, Forschung und Kultur im Brandenburger Landtag, voraussichtlich am 1. Juli in Kraft.

Ministerin Manja Schüle: „Mit der Einbeziehung von Jamlitz und der Leistikowstraße in die Stiftung stärken wir diese beiden wichtigen Gedenkorte und deren Arbeit. Sie werden sichtbarer. Denn was immer noch viel zu Wenige wissen: Der Erinnerungsort in Jamlitz ist der wichtigste Ort der Shoah in Brandenburg. Hier wurden im Februar 1945 mehr als1.300 jüdische Häftlinge brutal ermordet - der größte Massenmord an Juden außerhalb der Hauptlager auf dem Gebiet des heutigen Landes Brandenburg. Daran muss erinnert werden. Ich danke der Evangelischen Kirche, den vielen Ehrenamtlichen und dem Zentralrat der Juden, die in den vergangenen Jahrzehnten dafür gesorgt haben, dass Jamlitz nicht in Vergessenheit gerät.

Auch das ehemalige Gefängnis des sowjetischen Geheimdienstes in der Potsdamer Leistikowstraße 1 ist mit seinen originalen Haftzellen mit zugemauerten Fenstern und Inschriften von Häftlingen ein erschreckend authentischer Ort. Hier lebten Frauen und Männer unter furchtbaren Haftbedingungen, viele sind gestorben oder wurden von Militärtribunalen im Schnellverfahren zum Tode verurteilt. Ein großer Dank gilt dem Evangelisch-Kirchlichen Hilfsverein, der über Jahrzehnte den Erhalt der Gedenkstätte ermöglicht hat. Wir brauchen diese authentischen Orte wie Jamlitz und die Leistikowstraße in Potsdam mehr denn je für eine aktive, lebendige Erinnerungskultur, um jedweder Form von Revanchismus, Antisemitismus, Fake News und rechter Hetze entgegen zu treten."

Hintergrund-Fakten

Im ‘Arbeitslager Lieberose‘ in Jamlitz (Landkreis Dahme-Spreewald) mussten von 1943 bis 1945 rund 10.000 KZ-Häftlinge Zwangsarbeit leisten. Das Außenlager des KZ Sachsenhausen war zeitweise das größte Lager mit jüdischen Häftlingen auf dem Gebiet des Deutschen Reiches. Bei den Häftlingen, die unter unmenschlichen Arbeitsbedingungen für den Bau des Truppenübungsplatzes ‘Kurmark‘ der Waffen-SS eingesetzt wurden, handelte es sich zu 95 Prozent um Juden aus besetzten europäischen Ländern. Vom 2. bis 4. Februar 1945 ermordete die SS etwa mehr als 1.300 Häftlinge in den Krankenbaracken des Lagers. Von schätzungsweise 6.000 bis 8.000 jüdischen Häftlingen aus zwölf europäischen Ländern überlebten weniger als 400. Von 1945 bis 1947 befand sich am selben Ort das sowjetische Speziallager Jamlitz. Zu DDR-Zeiten wurde 1973, mehrere Kilometer vom historischen Ort entfernt, ein Mahnmal in Lieberose errichtet. Nach 1990 kümmerte sich die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz um das Gedenken vor Ort. Die 2003 auf dem ehemaligen Lagergelände in Jamlitz errichtete Freiluftausstellung zum KZ-Außenlager sowie zum sowjetischen Speziallager wurde 2018 um einen Gedenkort ergänzt. Das Kulturministerium stellt der SBG rund eine Million Euro für die Erweiterung des Gedenkortes bereit. Weitere Informationen: www.die-lager-jamlitz.de

Das ehemalige Pfarrhaus und Sitz der Evangelischen Frauenhilfe in der Potsdamer Leistikowstraße wurde von der sowjetischen Militärspionage am 15. August 1945 als Geheimdienstgefängnis in Betrieb genommen. Wie viele Frauen und Männer bis 1991 gefangen gehalten und zu langjähriger Lagerhaft oder zum Tode verurteilt wurden, ist bis heute unbekannt. Im Jahr 1994 erfolgte die Rückgabe des Gebäudes an den Alteigentümer, den Evangelisch-Kirchlichen Hilfsverein. Damit begann ein breites bürgerschaftliches Engagement zum Erhalt des einstigen Untersuchungsgefängnisses als Gedenkstätte. Im Jahr 2008 wurde die Stiftung Gedenk- und Begegnungsstätte Leistikowstraße gegründet, die von der SBG treuhänderisch verwaltet wurde. Die Dauerausstellung ‘Sowjetisches Untersuchungsgefängnis Leistikowstraße Potsdam‘ informiert über die Geschichte des Ortes und das Schicksal der Häftlinge. Das Land unterstützt die Stiftung in diesem Jahr mit rund 215.000 Euro. Weitere Informationen: www.gedenkstaette-leistikowstrasse.de

Die 1993 gegründete Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten (SBG) betreut mit ihren mehr als 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Gedenkstätten in den früheren Konzentrationslagern Sachsenhausen und Ravensbrück, die Gedenkstätten für die Opfer der Euthanasie-Morde in Brandenburg an der Havel und im ehemaligen Zuchthaus Brandenburg-Görden sowie die Gedenkstätte Todesmarsch im Belower Wald. Künftig werden auch der Gedenkort Jamlitz und die Gedenk- und Begegnungsstätte Leistikowstraße in Potsdam Teil der Stiftung. Das Land fördert die Arbeit der SBG in diesem Jahr mit rund 4,12 Millionen Euro. Weitere Informationen: www.stiftung-bg.de

Pressemitteilung als PDF (application/pdf 231.7 KB)