Staatskanzlei

Brandenburg stärkt Zusammenleben mit Sinti und Roma

veröffentlicht am 11.09.2018

Das Kabinett hat heute einer von Kulturministerin Martina Münch vorgelegten Vereinbarung mit dem Landesverband Deutscher Sinti und Roma Berlin-Brandenburg zugestimmt. Sie setzt einen entsprechenden Landtagsbeschluss vom September 2017 um. Die Vereinbarung zur Aufarbeitung, zum Gedenken und zur besseren Zusammenarbeit mit der Minderheit soll in den kommenden Wochen unterschrieben werden.

Ministerin Münch: „Vor dem Hintergrund der jahrhundertelangen Verfolgung und insbesondere des NS-Völkermordes an Sinti und Roma hat das Land Brandenburg eine besondere Verantwortung für diese Minderheit. Während der Nazizeit wurden rund 500.000 Sinti und Roma aus ganz Europa in Gaskammern ermordet, durch Schwerstarbeit umgebracht oder bei Menschenversuchen zu Tode gequält - weniger als 5.000 überlebten die Gräuel in den Ghettos und Konzentrationslagern.

Mit der Vereinbarung erinnern wir an diese Geschichte und bekennen uns zu unserer Verantwortung, daraus Lehren zu ziehen. Mit der Aufnahme einer Antirassismus-Klausel in die Landesverfassung hat das Land 2013 bereits ein deutliches Signal gegen die Diskriminierung von Gruppen in der Bevölkerung, darunter auch den Sinti und Roma, gesetzt. Mit der aktuellen Vereinbarung wollen wir die Aufarbeitung von Verfolgung und Verbrechen gegenüber dieser Minderheit in der Vergangenheit verbessern, das Verständnis für ihre Identität und Kultur weiter fördern und ihren Schutz in der heutigen Gesellschaft stärken."

Ein Schwerpunkt der Vereinbarung zwischen dem Land und dem Landesverband deutscher Sinti und Roma ist die Gedenk- und Antidiskriminierungsarbeit. Schulen und andere Einrichtungen der Bildungs- und Jugendarbeit sowie die Kommunen sollen für die Geschichte und Kultur der Sinti und Roma sensibilisiert werden. Mit der Vereinbarung werden zudem Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner und gemeinsame Handlungsfelder festgelegt, mit denen die gesetzlichen Verpflichtungen aus dem Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten und der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen umgesetzt werden sollen. Das Land unterstützt die Gedenk- und Erinnerungsarbeit des Landesverbandes deutscher Sinti und Roma Berlin-Brandenburg künftig mit jährlich 5.000 Euro.

Mit dieser Vereinbarung bestehen inzwischen - nach den landesrechtlichen Regelungen zu Sorben/Wenden und der mit der Gruppe der Niederdeutsch-Sprechenden abgeschlossenen Vereinbarung - mit allen im Land anerkannten nationalen Minderheiten bzw. Sprechergruppen von Minderheiten- und Regionalsprachen Regelungen zur Zusammenarbeit. Ähnliche Vereinbarungen und Staatsverträge mit den Sinti und Roma bestehen auch in Baden-Württemberg, Bayern, Bremen, Hessen, Rheinland-Pfalz und Thüringen. Die deutschen Sinti und Roma sind neben Dänen, Friesen und Sorben/Wenden als nationale Minderheit in der Bundesrepublik anerkannt. In Brandenburg leben Angehörige der nationalen Minderheit deutscher Sinti und Roma.

Die Verfolgung der Sinti und Roma intensivierte sich nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten: Sie fielen wie die Juden unter die diskriminierenden Bestimmungen der ‘Nürnberger Rassengesetze‘ von 1935. Es folgten Verordnungen zur Kennzeichnung der Sinti und Roma, die Ausgabe von Rasseausweisen, Zwangsumsiedlungen und die Einrichtung von insgesamt 21 so genannten Zigeunerleitstellen zur Vorbereitung der Transporte in die Vernichtungslager. Bereits 1936 wurde im Vorfeld der Olympiade in der Region Berlin-Brandenburg das Zwangslager Marzahn errichtet, in das ganze Familien deportiert wurden. Am 16. Dezember 1942 unterzeichnete der Reichsführer SS Heinrich Himmler den so genannten Auschwitz-Erlass. Damit begann die Deportation von rund 23.000 Sinti und Roma aus elf Ländern Europas in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau, unter ihnen 10.000 deutsche Sinti und Roma aus dem damaligen Reichsgebiet. Fast alle wurden dort ermordet. Insgesamt wurden im besetzten Europa rund 500.000 Sinti und Roma durch Einsatzgruppen der SS oder in Konzentrationslagern, darunter auch Ravensbrück und Sachsenhausen, ermordet. Seit 2004 wird in der Gedenkstätte Sachsenhausen die Verfolgungsgeschichte der Sinti und Roma im Rahmen der Dauerausstellung ‘Medizin und Verbrechen‘ dokumentiert.

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