Staatskanzlei

Gemeinsame Initiative zur Stärkung des Minderheitenschutzes

veröffentlicht am 18.09.2019

Das Land Brandenburg wird gemeinsam mit den Ländern Schleswig-Holstein und Sachsen den Antrag ‘Nationale Minderheiten und Volksgruppen in das Grundgesetz aufnehmen‘ in den Bundesrat einbringen. Mit diesem in der gestrigen Kabinettssitzung gefassten Beschluss soll der verfassungsrechtliche Minderheitenschutz ausgebaut werden.

Kulturministerin Martina Münch: „In Brandenburg genießt der Schutz der sorbischen/wendischen Minderheit bereits seit mehr als 25 Jahren Verfassungsrang. Der Schutz von nationalen Minderheiten und Volksgruppen ist aber eine gesamtgesellschaftliche und gesamtstaatliche Verantwortung. Die Aufnahme einer entsprechenden Passage in das Grundgesetz würde den Schutz und die Förderung der autochthonen, also einheimischen, Minderheiten in unserem Land stärken und wäre vor dem Hintergrund der Situation vieler Minderheiten weltweit ein wichtiges Signal", so Münch. „Das Land hat in den vergangenen Jahren mit zahlreichen Maßnahmen dazu beigetragen, die Kultur und Sprache der Sorben/Wenden im Land besser zu schützen. Gleiches gilt auch für die nationale Minderheit der deutschen Sinti und Roma und die Regionalsprache Niederdeutsch. Der Schutz von Minderheiten und der Erhalt ihrer Kultur und Sprachen stiftet Identität, stärkt regionale Bindungen und ist eine Bereicherung für unser ganzes Land."

Justizminister Stefan Ludwig: „Die Sorben/Wenden sind seit rund 1.500 Jahren in der Lausitz ansässig. Sie haben sich trotz Assimilierungsversuchen ihre eigene Sprache und ihre von zahlreichen Festen und vielfältigem Brauchtum geprägte Kultur bewahrt. Als Land haben wir bereits viel getan. Mit der Änderung des Grundgesetzes wird der Minderheitenschutz nun auf eine neue Stufe gehoben.

Mit dem Antrag wird die Bundesregierung aufgefordert, eine Änderung des Grundgesetzes zu erarbeiten. In Artikel 3 des Grundgesetzes soll folgender neuer Absatz eingefügt werden: „Der Staat achtet die Identität der autochthonen Minderheiten und Volksgruppen, die nach dem Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten des Europarats in Deutschland anerkannt sind." Mit der Formulierung werden keine Individualrechte für die Angehörigen der anerkannten autochthonen Minderheiten und Volksgruppen geschaffen, sondern der kollektivrechtliche Schutz der sprachlichen und kulturellen Identität der traditionell hier beheimateten nationalen Minderheiten und Volksgruppen gestärkt. Dazu zählen die Sorben/Wenden, Dänen und Friesen sowie die einheimischen Sinti und Roma.

Das Land Brandenburg hat in den vergangenen Jahren mit einer Reihe von Maßnahmen dazu beigetragen, die Kultur und Sprache der nationalen Minderheit der Sorben/Wenden zu schützen und weiterzuentwickeln: Im Jahr 2014 wurde das Sorben/Wenden-Gesetz erstmals novelliert, 2015 fanden die ersten direkten Wahlen für den Rat für Angelegenheiten der Sorben/Wenden beim Landtag statt, 2016 wurde der Landesplan zur Stärkung der niedersorbischen Sprache verabschiedet, 2017 wurde die Förderung der Stiftung für das sorbische Volk erhöht und 2018 erstmals der ‘Mina Witkojc-Preis‘ für sorbisches/wendisches sprachliches Engagement vergeben. Das Land unterstützt die Stiftung für das sorbische Volk jährlich mit 3,1 Millionen Euro.

Im Oktober 2018 haben das Land Brandenburg und der Landesverband deutscher Sinti und Roma Berlin-Brandenburg eine Vereinbarung zur Aufarbeitung, zum Gedenken und zur Zusammenarbeit unterzeichnet. Ein Schwerpunkt der Vereinbarung ist die Gedenk- und Antidiskriminierungsarbeit. Ziel ist, Schulen und andere Einrichtungen der Bildungs- und Jugendarbeit sowie die Kommunen für die Geschichte und Kultur der Sinti und Roma zu sensibilisieren. Es wird zudem Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner geben, mit denen die gesetzlichen Verpflichtungen aus dem Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten und der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen in gemeinsam festgelegten Handlungsfeldern umgesetzt werden. Das Land unterstützt die Gedenk- und Erinnerungsarbeit des Landesverbandes Deutscher Sinti und Roma Berlin-Brandenburg künftig mit jährlich 5.000 Euro. In Brandenburg leben einzelne Angehörige der nationalen Minderheit deutscher Sinti und Roma.

Um die Regionalsprache Niederdeutsch besser zu schützen und zu fördern, hat die Landesregierung im Februar 2018 eine Vereinbarung über die Zusammenarbeit zwischen dem Land Brandenburg und der niederdeutschen Sprachgruppe unterzeichnet. Mit der Vereinbarung werden Ansprechpartner, Kommunikationsstrukturen und gemeinsame Handlungsfelder festgelegt, um die Regionalsprache Niederdeutsch in Brandenburg zu erhalten, verstärkt zu fördern und die gesetzlichen Verpflichtungen aus der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen umzusetzen. Zudem fördert das Land den Verein für Niederdeutsch künftig mit jährlich 50.000 Euro. Die Regionalsprache Niederdeutsch, im Volksmund ‘Platt‘ genannt, ist keine Mundart des Hochdeutschen, sondern eine eigene westgermanische Sprache mit Verwandtschaft zum Friesischen und Englischen. Sie ist in Brandenburg seit Jahrhunderten beheimatet und wird seit Generationen vorwiegend mündlich weitergegeben. Im Land Brandenburg gibt es in der Prignitz, der Uckermark, im Fläming sowie im Oder- und Havelland niederdeutsche Mundartvereine.

 

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