Regierungserklärung am 26. August 2020
Ministerpräsident Dietmar Woidke auf der 19. Sitzung des Landtages Brandenburg (7. Wahlperiode)
Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Verehrte Gäste!
„Wir können stolz und selbstbewusst auf 30 Jahre Land Brandenburg zurückblicken. Wir blicken mit Mut, Zuversicht und Vertrauen auf Brandenburg als Gewinnerregion im 21. Jahrhundert.“
Wenn Ihnen diese Worte bekannt vorkommen, dann täuschen Sie sich nicht; es ist ein Zitat aus meiner letzten Regierungserklärung. Und ich freue mich, dass ich heute hier daran anknüpfen kann.
Ich bin sehr sicher, dass eines Tages im Geschichtsbuch stehen wird: Die Brandenburgerinnen und Brandenburger haben angepackt. Sie haben angepackt, um zu verändern, sie haben erkannt, dass eben auch gerade in der Veränderung eine große Chance liegt.
Wir wollen und wir werden durch die Kraft unserer Argumente und auch durch unsere ausgeprägte Bereitschaft zum Dialog überzeugen. Zu diesem Dialog soll auch die heutige Regierungserklärung einen Beitrag leisten.
Gerade jetzt, gerade heute und in den kommenden Jahren steht Brandenburg vor großen Chancen, vor großen Chancen seine Zukunft erfolgreich zu gestalten. Und ich will, dass wir dafür in bester Brandenburger Tradition gemeinsam Anlauf nehmen, um diese Herausforderung zu bewältigen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, mir ist vollkommen bewusst, dass derzeitig fast alles unter Corona-Vorbehalt steht. Aber die letzten Daten zeigen klar, dass unser Land für einen Neustart nach der Pandemie gut gerüstet ist.
Ja, auch bei uns ist die Arbeitslosigkeit gestiegen, aber - auch das ist eine Tatsache - deutlich weniger als in anderen Bundesländern, ganz zu schweigen vom Anstieg in anderen europäischen Ländern. Das hat auch mit einer klugen und entschlossenen Anti-Krisen-Politik zu tun, einer Anti-Krisen-Politik, die Schlimmeres verhütet hat und für die ich den Mitgliedern der Bundesregierung und meiner Landesregierung ebenso danke wie diesem Hohen Haus, diesem Landtag, der mit seinen schnell gefassten Beschlüssen vor allem finanzpolitisch den Weg für diese gute Krisenpolitik freigemacht hat. Dafür ganz, ganz herzlichen Dank!
Der „Brandenburg-Monitor“ zeigt: Die große Mehrheit der Brandenburgerinnen und Brandenburger ist überzeugt, dass sich Brandenburg in die richtige Richtung entwickelt. Und diese optimistische Grundeinschätzung ist sehr wohl in objektiven Entwicklungen begründet - seien es nun die wirtschaftliche Entwicklung, der Arbeitsmarkt oder auch die Ausbildungsplatzsituation. Diese Stimmung der Menschen findet also festen Halt in der Realität.
Brandenburg hat Zukunft, und die Menschen in unserem Land - das freut mich sehr - sehen das genauso. Und das, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist ein guter Befund, über den wir uns alle sehr freuen können.
Die Menschen wissen, dass wir die Chance haben, noch weiter nach vorn zu kommen, weil wir hier all das haben, was es für eine zukünftige erfolgreiche Entwicklung braucht:
Wir haben engagierte Menschen, die etwas in diesem Land bewegen wollen, die aber auch ordentlich verdienen müssen. Deshalb stehen wir in der Koalition auch weiter für mehr Tarifbindung und gute Löhne.
Wir haben Platz für Ansiedlungen und gleichzeitig wunderschöne Natur, die wir weiter schützen und erhalten müssen. Wir haben Kultur, die uns und unsere Gäste begeistert.
Wir haben starke Unternehmen, die die Zeichen der Zeit erkannt haben und gezielt gerade hier bei uns in Zukunftstechnologien investieren. Wir haben eine exzellente Wissenschaftslandschaft, die schon für sich genommen für die Zukunft unseres Landes steht. Wir haben eine gute Infrastruktur - digital und im Bereich der Schiene und der Straße -, die - das ist mir völlig klar - auch weiter ausgebaut werden muss.
Vor allem, meine sehr verehrten Damen und Herren, haben wir das, was derzeit alle wollen: Wir verfügen über die Energie, wir verfügen über den Rohstoff der Zukunft: die Erneuerbaren - Sonne und Wind. Die CO2-freie Energieversorgung ist heute schon ein entscheidender Faktor für Unternehmensansiedlung hier bei uns im Land. Hier ist Brandenburg heute Modellregion für ganz Deutschland. Und ohne diesen ausgezeichneten Ruf hätte sich auch Tesla nicht für die Metropolregion Berlin-Brandenburg entschieden. Ich benenne den Standort jetzt ganz bewusst in einem etwas größeren Rahmen, auch wenn ich der Vollständigkeit halber darauf hinweise, dass die Giga-Factory örtlich in 15537 Grünheide (Mark) im Land Brandenburg errichtet wird.
Das zeigt, meine sehr verehrten Damen und Herren, auch Folgendes: Mit der Energie der Zukunft gewinnt man eben nicht nur Umweltpreise und Leitsterne - auch das ist durchaus schön -, sondern hat auch die Nase ganz vorn in der weltweiten Konkurrenz um neue Wirtschaftsansiedlungen. Und das wiederum schafft qualifizierte Arbeitsplätze, gutes Einkommen und eine sichere wirtschaftliche Perspektive. Das ist nun spätestens seit der Tesla-Ansiedlung keine steile Theorie mehr, sondern vielmehr eine Tatsache. Wer wagt, gewinnt - und es ist schön, wenn man so bestätigt wird. Tesla jedenfalls ist die größte private Investition, die es seit der Wende, in den letzten 30 Jahren, in Ostdeutschland gegeben hat.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Brandenburg ist Energieland: Mitte des 19. Jahrhunderts wurde mit dem Abbau der Braunkohle im Lausitzer Revier begonnen. Die Förderung der Kohle hat die Region seitdem grundlegend verändert. Sie hat Wirtschaft und Wohlstand gebracht, und sie hat auch die Landschaft in der Lausitz verändert. Mit der Energie aus dem Lausitzer Revier wurde zeitweilig ein Viertel des Elektroenergiebedarfs der gesamten DDR gedeckt. Noch heute kommen 10 % des in Deutschland benötigten Stroms aus der Lausitz. Generationen von Menschen haben in den Lausitzer Tagebauen und Kraftwerken gearbeitet, oft - und das bis heute - unter ganz schwierigen, harten Bedingungen. Für diese zuverlässige Arbeit, die Generationen und eine ganze Region geprägt hat, bedanke ich mich im Namen aller Brandenburgerinnen und Brandenburger mit tiefem Respekt!
Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Zeit bleibt eben nicht stehen. Die Zeit der Braunkohle geht unweigerlich zu Ende. Das ist die Wahrheit, und wir sind gut beraten, dieser Realität ins Auge zu sehen. Auch ohne den beschlossenen Kohleausstieg würden die förderbaren Vorräte in der Lausitz nur noch wenige Jahrzehnte reichen, und die Region stünde dann vor den gleichen, wenn nicht vor noch größeren Herausforderungen als heute - jeder weiß das, und ich sage das auch ganz bewusst als Lausitzer.
Jetzt geht es darum, der Lausitz eine gute Zukunft für die Zeit nach der Kohle zu verschaffen. Um diese Notwendigkeit kann man nicht herumreden. Die Landesregierung jedenfalls ist gewillt, sich dieser Aufgabe weiterhin entschlossen zu stellen.
Mit den Beschlüssen von Bundestag und Bundesrat vom 3. Juli zum Kohleausstiegs- und Strukturstärkungsgesetz herrscht nun endlich Klarheit. Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, es waren historische Beschlüsse. Sie leisten einen wichtigen Beitrag zur Umsetzung des Pariser Klimaschutzabkommens, zu dem wir als Landesregierung uns bekennen.
Sie leisten aber auch einen wichtigen Beitrag zur Schaffung von Sicherheit für alle im Bergbau- und Energiebereich Beschäftigten, und - das war mir besonders wichtig - sie schaffen klare Perspektiven für die Region.
Ich danke allen, die sich in langen Nachtsitzungen und zahlreichen Debatten und Diskussionen an diesem echten Gemeinschaftswerk beteiligt haben, bei dem für uns immer ein Ziel ganz oben stand: Einen Strukturbruch wie in den Jahren 1989/90 darf und wird es nicht noch einmal geben. - Und ich kann hier heute auch mit einem gewissen Stolz sagen: Ja, das haben wir geschafft. - Denn die jetzt beschlossenen Gesetze bringen der Lausitz Klarheit, sie bringen Sicherheit, und sie bringen Zukunft. Die Lausitz wird eben auch in Zukunft Energie-, aber auch Industrieregion sein.
Zwei Punkte sind dabei von ganz besonderer Bedeutung. Zum einen die Planungssicherheit für alle Beteiligten: Klar geregelt ist der Stilllegungspfad für die Kraftwerke Jänschwalde und Schwarze Pumpe. Und weil es damit endlich Planungssicherheit gibt, ist es fatal, wenn dieser mühsam gemeinsam vereinbarte Weg von einigen immer wieder aufs Neue infrage gestellt wird. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, schafft Unsicherheit; es schadet schlussendlich auch der Erreichung der Klimaschutzziele, und es schadet der Energiewende in Deutschland insgesamt. Klar ist jetzt auch, dass der Braunkohleausstieg sozial verträglich erfolgt. Dazu wird unter anderem ein Anpassungsgeld für Beschäftigte ab 58 Jahren eingeführt. Hier gilt mein besonderer Dank der „Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie“, die dieses Ergebnis maßgeblich verhandelt und auch erreicht hat.
Ein zweiter wichtiger Punkt ist, dass der Bund den Strukturwandel in den vier betroffenen Ländern mit insgesamt 40 Milliarden Euro unterstützen wird. 26 Milliarden Euro davon werden im Rahmen von Bundesprogrammen und -initiativen investiert, 14 Milliarden Euro gehen als Bundesfinanzhilfen an die Länder. Brandenburg erhält insgesamt ca. 10,3 Milliarden Euro. Das ist eine ganz erhebliche Summe, die dem Land damit zufließt. Von besonderer Bedeutung aber ist, dass der Bund damit erstmals seit Jahrzehnten wieder eine direkte Verantwortung für die Strukturentwicklung in Regionen übernimmt. Dafür möchte ich allen Beteiligten an dieser Stelle danken.
Wir haben in schwierigen Verhandlungen viel für unser Land und für die Lausitz erreicht. Es wird eben keinen Strukturbruch wie in den 90er-Jahren geben, und die betroffenen Länder und Regionen werden nicht allein dastehen und mit den Herausforderungen umgehen müssen. Das sind gute Voraussetzungen, um sich den Herausforderungen der Zukunft in der Lausitz zu stellen. Bessere Rahmenbedingungen für die Entwicklung dieser Region hat es noch nie gegeben - jetzt, meine sehr verehrten Damen und Herren, liegt es an uns!
Planungssicherheit und finanzielle Förderung sind die Grundlagen dafür, die Lausitz zu einer erfolgreichen europäischen Modellregion für klimaneutrale Wirtschaftsentwicklung zu machen - und die Chancen dafür stehen sehr gut. Lassen Sie mich einige Kernprojekte nennen.
Erstens: der Ausbau des Werks der Deutschen Bahn für die Fahrzeuginstandhaltung in Cottbus, der 1 200 zusätzliche Industriearbeitsplätze in Cottbus schaffen wird. Diese herausragende Investition gibt dem Mobilitätsstandort Lausitz in Cottbus einen ganz neuen Schub. Wenn Sie ein bisschen zurückdenken, werden Sie sich daran erinnern, dass aufseiten der Bahn noch vor zwei Jahren über die Schließung dieses Bahnwerks diskutiert worden ist. Das haben wir gemeinsam nicht nur verhindert, sondern wir haben erreicht, dass jetzt richtig ausgebaut werden kann und dass gut bezahlte, zukunftsträchtige Arbeitsplätze geschaffen werden.
Damit setzen wir unser Versprechen um, parallel zum Kohleausstieg neue Industriearbeitsplätze zu schaffen, und zwar bevor die ersten Arbeitsplätze durch das Kohleausstiegsgesetz verloren gehen. Bei den Investitionen geht es nicht nur um die moderne Instandhaltung von elektrisch betriebenen Schienenfahrzeugen wie dem ICE 4. Es geht auch um die Umrüstung von Dieselloks auf Hybridantriebe. Auch das ist ein wichtiger Beitrag zu einer modernen und umweltfreundlichen Mobilität. Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, das alles passiert nicht irgendwann, sondern schon in den nächsten Jahren; im September dieses Jahres gibt es dazu den Startschuss. Im Zuge des Ausstiegs aus der Kohle und der Energiewende darf es eben nicht darum gehen, aus der Industrie auszusteigen. Kohleausstieg ist kein Industrieausstieg. Dieses Land benötigt auch in Zukunft eine robuste und breit aufgestellte industrielle Basis und Wertschöpfung; es muss aber zukunftsfähige Industrie sein, die nachhaltige Arbeitsplätze schafft.
Von Dienstleistungen allein kann niemand leben. Deshalb bedarf es einer vorausschauenden Wirtschaftspolitik, bei der der Staat durchaus eine aktive Rolle spielen kann. Wie das im günstigsten Fall aussieht, kann sich jeder aktuell am schon erwähnten Beispiel Tesla ansehen, für das Brandenburg national und international viel gelobt und - ich füge hinzu - mitunter auch ein bisschen beneidet wird. Solche Nachrichten lesen wir alle, glaube ich, sehr gern.
Ein zweiter wichtiger Punkt ist der Aufbau eines Innovationszentrums Universitätsmedizin Cottbus. Dieses Innovationszentrum wird der Kern der Modellregion „Gesundheit Lausitz“. Forschung, Lehre und Gesundheitsversorgung - unter anderem mit den Möglichkeiten der Digitalisierung - werden hier eng verknüpft. Medizin und Gesundheitswirtschaft gehören ohnehin zu den wichtigsten Bereichen der zukünftigen Entwicklung. Ich denke, das leuchtet gerade in der jetzigen Zeit, in der Corona-Pandemie, jedem ein. Ich bin mir sicher, ein solches Innovationszentrum mit medizinischer Ausbildung wird erheblich und positiv auf die gesamte Lausitz und ihre Entwicklung ausstrahlen.
Ein dritter Punkt ist der Ausbau der Forschungs- und Wissenschaftslandschaft an den Standorten der BTU Cottbus-Senftenberg. Die Ansiedlung von hochkarätigen Institutionen setzt neue Maßstäbe bei der Verbindung von Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft. Beispiele hierfür sind das DLR-Institut für CO2-arme Industrieprozesse, das Fraunhofer-Institut für Energieinfrastrukturen und Geothermie oder auch das Lausitzer Zentrum für Künstliche Intelligenz.
Ein vierter Punkt: der Ausbau der Straßen - hier insbesondere der A 13 oder wichtige Ortsumgehungen im Rahmen der B 169 - und natürlich auch der Ausbau der Schienenverbindungen. Umweltfreundliche Mobilität braucht mehr Schiene, und zu den prioritären Maßnahmen in diesem Bereich gehören die Strecken Berlin-Cottbus-Görlitz, Cottbus-Leipzig und Cottbus-Dresden. Menschen und Güter schnell und umweltfreundlich von A nach B zu bringen und die großen Entwicklungsachsen zu nutzen ist hier unser gemeinsames Ziel. Die Wege aus und in die Bundeshauptstadt verkürzen sich. Die verkehrlichen Infrastrukturmaßnahmen sind strukturpolitisch notwendig und unabdingbare Voraussetzung für die Entwicklung der Lausitz.
Der auf der Strecke Cottbus-Dresden enthaltene Knoten Ruhland führt geradewegs zum fünften Schwerpunkt: dem Ausbau weiterer Logistikknoten und Terminals für den kombinierten Verkehr am Standort der BASF in Schwarzheide/Lauchhammer und am Industriestandort Schwarze Pumpe. Hier nutzen wir die unmittelbare Anbindung an die bereits fertiggestellte Schlesische Magistrale nach Leipzig sowie Breslau und weit darüber hinaus.
In Schwarzheide geht es um den Aufbau der Produktion von Kathodenmaterial bei der BASF. Damit wird aus unserem Land ein wichtiges Element der Wertschöpfungskette für eine eigene Batterieproduktion kommen. Auch hier - und auch das freut mich natürlich sehr - entstehen neue gut bezahlte, zukunftsfähige Industriearbeitsplätze.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, all diese Investitionen schaffen hochwertige Arbeitsplätze und sorgen für ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum in der Region. Sie machen die Lausitz attraktiv für Fachkräfte, die schon da sind, und interessanter für die, die wir noch gewinnen wollen.
Auch in Bildung und Fortbildung werden wir im Zuge der Strukturentwicklung investieren. Das geplante Leistungszentrum Westlausitz ist eine hervorragende Ergänzung des Oberstufenzentrums. Durch eine gute Kooperation der beiden Akteure bekommen junge Menschen sehr gute berufliche Perspektiven, und das hat Strahlkraft weit über die Region hinaus.
Eine verlässliche Säule jetzt und für die Zukunft der Lausitz ist und bleibt auch die LEAG - dafür bin ich sehr dankbar. Die LEAG entwickelt parallel zur Stromproduktion aus Braunkohle neue Geschäftsfelder. Dazu gehören zum Beispiel die Speicherung und Regelung von Energie mit dem „Big Battery“-Projekt und die Dienstleistungen im Maschinenbau aus der Zentralwerkstatt in Schwarze Pumpe.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ja, es ist wahr: Die Menschen in der Lausitz und das gesamte Land Brandenburg stehen vor großen Veränderungen und vor großen Herausforderungen. Es stimmt mich aber sehr optimistisch, dass ich in vielen Gesprächen auch eine Aufbruchsstimmung verspüre. Gerade die mittelständischen Betriebe in der Region, aber auch in anderen Teilen Brandenburgs sind hier zu nennen. Es stimmt mich sehr optimistisch, dass die Wirtschaft eng an unserer Seite steht und aktiv am Strukturwandel mitarbeitet. Mit den Beschlüssen zum Strukturstärkungsgesetz gibt es nun auch für diese Betriebe Klarheit und Planungssicherheit.
Gestern hat die Landesregierung dem Entwurf der Bund-Länder-Vereinbarung zugestimmt. Die Vereinbarung wird morgen vom Bund und den betroffenen Bundesländern unterzeichnet. Wir haben zugleich den Entwurf des Lausitzprogramms 2038 auf den Weg gebracht. Dieses Programm definiert unsere strategischen Ziele und die Entscheidungs- und Begleitstrukturen für den Strukturentwicklungsprozess. Der Begleitausschuss setzt sich aus Vertretern der Wirtschaft, der Verbände, der Gewerkschaften, der Wissenschaft, der Kirchen und - auch das ist besonders wichtig - der Zivilgesellschaft zusammen. Der Landtag wird zum Thema einen Sonderausschuss einrichten und unsere Arbeit begleiten - und das, meine sehr verehrten Damen und Herren, finde ich sehr gut, weil wir auch weiterhin die Unterstützung des Landtags für diesen Prozess brauchen.
Mir ist eines ganz besonders wichtig: Der Prozess des Strukturwandels in der Lausitz wird nicht vom grünen Tisch in Potsdam aus vorgegeben. Er wird in einem transparenten und partnerschaftlichen Prozess organisiert, unter Einbeziehung aller, die dazu beitragen können. Das entspricht nicht nur den Notwendigkeiten eines komplexen Veränderungsprozesses; es entspricht auch voll und ganz dem Politikverständnis dieser Koalition, die ganz bewusst auf Einbeziehung und Teilhabe setzt.
Wir haben mit den kommunalen Partnern vor Ort vereinbart, dass die Wirtschaftsregion Lausitz GmbH, kurz „WRL“ genannt, als ein bereits gut etabliertes Gremium eine wichtige Koordinierungsfunktion im Strukturwandel übernehmen soll. Wir setzen damit auf die Vor-Ort-Kompetenz und Verantwortung der kommunalen Familie, die ohnehin beim Großteil der geplanten Maßnahmen Projektträger sein wird. Auch wenn wir an der einen oder anderen Stelle unterschiedliche Wege gehen: Die partnerschaftliche und enge Zusammenarbeit zwischen Brandenburg und Sachsen bleibt für die Entwicklung der Lausitz das A und O und gleichzeitig die Basis für den Erfolg der Strukturentwicklung.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Energiewende schreitet voran. Dazu haben sich SPD, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Koalitionsvertrag klar bekannt.
Es geht nicht um das Ob, wie manche meinen, sondern es geht um das Wie. Gerade wir in Brandenburg zeigen, wie es geht. Wir haben viel erreicht. Mit über 7 300 MW installierter Leistung bei der Windenergie ist Brandenburg eines der stärksten Windenergieländer in Deutschland. Bezogen auf die Einwohner liegt Brandenburg seit einigen Jahren deutlich vorn. Brandenburg muss sich in diesem Bereich also in keiner Weise verstecken. Mit der Fortschreibung der Energiestrategie und der Erarbeitung eines Klimaplans werden wir diesen Weg entschlossen weitergehen und dort nachjustieren, wo es notwendig ist.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es gibt in diesem Bereich noch viel zu tun. Es müssen die unterschiedlichen Sektoren verbunden werden: Strom, Wärme, Bioenergie, Wasserstoff und Mobilität. Wir werden dafür sorgen, dass in Brandenburg produzierte erneuerbare Energie auch hier in Brandenburg nutzbringend für die Menschen in unserem Land verbraucht werden kann. Wir Brandenburgerinnen und Brandenburger müssen künftig stärker darauf setzen, dass sowohl dezentral produziert als auch dezentral verbraucht werden kann. Das ist der Vorteil, den die Regionen haben, und das ist der Nutzen, den die Menschen aus dem Ausbau der Windenergie ziehen können. Sie können meinen Worten entnehmen, dass aus meiner Sicht noch deutlicher Nachbesserungsbedarf im bundespolitischen Rahmen besteht.
Es wird zunehmend wichtiger werden, die erneuerbaren Energien weiter auszubauen. Ich möchte auf meine Rede von vor einigen Minuten zurückkommen. Erneuerbare Energien sind heute schon ein wichtiger Standortfaktor, wenn nicht sogar der wichtigste Standortfaktor für unser Land. Aus vielen Gesprächen mit der Wirtschaft von BASF über Rolls-Royce, MTU Maintenance, RIVA Stahl, Arseal Metall bis zum PCK und Tesla weiß ich, dass dies auch von der Wirtschaft und von der Industrie zunehmend nachhaltiger eingefordert wird. Viele wollen davon nichts hören - es ist aber tatsächlich so. In der Wirtschaft hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass die Zukunft nicht nur in umweltfreundlichen Produkten, sondern auch in einer umweltfreundlichen, klimaschonenden Produktion liegt. Genau hier, meine sehr verehrten Damen und Herren, liegt Brandenburgs Chance, weit vorn mit dabei zu sein, und so unseren Beitrag zu leisten, die Pariser KIimaziele zu erreichen, und gleichzeitig den Wohlstand unseres Landes für die kommenden Jahre und Jahrzehnte zu sichern.
Das ist keine Zukunftsmusik. Brandenburg ist vorn dabei und nutzt seine Chancen: In Grünheide baut Tesla seine Gigafabrik für Elektrofahrzeuge; Tausende neue Arbeitsplätze entstehen. Tesla legt großen Wert darauf, dass die Vorprodukte, die zukünftig in den Autos verbaut werden, möglichst klimaneutral hergestellt werden. Dazu ist Tesla bereits mit einer Reihe von Brandenburger Unternehmen im Gespräch.
Microvast will in Ludwigsfelde Stromspeicher für Transporter und Lkw sowie für Sport- und Geländewagen herstellen.
In Schwarzheide investiert BASF, wie schon erwähnt, in die Herstellung von Kathodenmaterialien. Auch das ist auf die Zukunft gerichtet. Das wird die Mobilitätswende unterstützen und neue Arbeitsplätze schaffen.
An der BTU Cottbus-Senftenberg wird in Kooperation mit Rolls-Royce ein Zentrum für hybridelektrisches Fliegen aufgebaut. Auch Wasserstoff ‑ gewonnen aus erneuerbarer Energie ‑ spielt dabei eine zentrale Rolle.
Es geht um die zentralen Themen Energiespeicherung und CO2-Neutralität. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, sind die Gewinnerthemen dieses Jahrzehnts. Brandenburg sitzt nicht nur mit am Tisch, sondern Brandenburg ist vorne mit dabei. Darauf können wir alle sehr stolz sein.
Wir müssen aber auch dafür sorgen, dass die Energie der Zukunft bezahlbare Energie bleibt und dass soziale Schieflagen in der Energiewende beseitigt werden. Sie sind es, die häufig zu erheblichen Vorbehalten und zu Kritik beitragen. Wer es gut meint mit der Energiewende, mit Klimaschutz und der sozialen Gerechtigkeit im Land, der ist gut beraten, sich genau um dieses Problem zu kümmern. Auch das werden wir weiterhin im Auge haben, denn diese Landesregierung denkt Umwelt, Klimaschutz und Soziales zusammen und spielt die Faktoren nicht gegeneinander aus.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, derzeit steht die Lausitz besonders im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit; das ist auch verständlich. Die Herausforderung dort ist eine ganz besondere. Der jetzt vorgesehene Ausstieg aus der Kohle geht auf politische Entscheidungen zurück. Daraus erwächst für uns alle eine besondere politische Verantwortung. Dies ist der Landesregierung sehr wohl bewusst, und die Landesregierung stellt sich entschlossen dieser Verantwortung.
Ebenso selbstverständlich aber ist, dass die Landesregierung über die Lausitz keinesfalls die anderen Regionen unseres Landes aus den Augen verlieren wird. Darauf können sich auch die Prignitz, die Uckermark, das Havelland und das Oderbruch ‑ um nur einige zu nennen ‑ fest verlassen.
Überall kommt es in gleicher Art und Weise darauf an, die vor Corona sehr positive Entwicklung unseres Landes jetzt nicht abreißen zu lassen und die wirtschaftlichen Grundlagen für die Zukunft zu sichern bzw. zu schaffen.
Wir haben stets das gesamte Land im Blick. Überall in unserem Land geht es darum, wirtschaftliche Entwicklung, gute Arbeit und wirksamen Klimaschutz sinnvoll und gewinnbringend für alle miteinander zu verbinden. Dieses Land hat sich in der Vergangenheit gemeinsam gut entwickelt. Diese Gemeinsamkeit ist auch die beste Basis für unsere Zukunft.
Wenn wir nun klug und mutig handeln, wird diese Attraktivität des Landes Brandenburg in allen seinen Regionen in den kommenden Jahren weiter stetig zunehmen.
Ich habe natürlich auch Verständnis für Sorgen und Bedenken, die diesem Wandel entgegengebracht werden. Es ist unsere Aufgabe als Politik, diese Sorgen ernst zu nehmen und immer wieder um Akzeptanz und Verständnis zu werben. Ich kenne die Menschen in der Lausitz gut. Es sind sehr anständige und sehr fleißige Menschen. Ja, viele von ihnen haben seit 1990 viele schwere Tage durchgemacht.
Die Voraussetzungen für die erfolgreiche Bewältigung dieser Herausforderungen sind heute so gut wie noch nie. Die Beschlüsse von Bund und Ländern zur Strukturstärkung tragen wesentlich dazu bei. Zu diesen Beschlüssen können wir uns guten Gewissens bekennen.
Deshalb sage ich: Wir können stolz und selbstbewusst auf 30 Jahre Land Brandenburg zurückblicken. Wir blicken mit Mut, Zuversicht und Vertrauen auf Brandenburg als Gewinnerregion im 21. Jahrhundert. Lassen Sie uns gemeinsam diese großen Herausforderungen mutig angehen - für die Lausitz, für Brandenburg, für alle Menschen in unserem Land. - Glück auf!